Was ist Lokalisierung und wie unterscheidet sie sich von Übersetzung?

Lokalisierung ist eine übliche Praxis, aber was genau verbirgt sich hinter dem Begriff?
Schild mit Zeichen in verschiedenen Sprachen zum Thema "Was bedeutet Lokalisieren?"

In einer zunehmend vernetzen Welt gewinnt auch die Notwendigkeit, Informationen über sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg zu übermitteln, an Bedeutung. Das bedeutet, dass jegliche geschriebene und gesprochene Sprache in einem Produkt – sei es in einer App, einem Film, einem Videospiel, einer Gebrauchsanleitung oder sonst etwas – vom Zielpublikum verstanden werden muss. Um ein Produkt für eine große Bandbreite an Nutzenden zugänglich zu machen, braucht es jedoch mehr als nur eine Eins-zu-Eins-Übersetzung. Und hier kommt die Lokalisierung ins Spiel. Doch was bedeutet Lokalisieren genau?

Vereinfacht ausgedrückt ist Lokalisierung der Prozess, bei dem etwas für ein spezifisches Publikum adaptiert wird. Welcher Art eine Lokalisierung ist, hängt dabei von der jeweiligen Branche ab. In diesem Artikel werfen wir einen Blick darauf, wie Lokalisierung und Übersetzung zusammenspielen, und schauen uns unterschiedliche Formen der Umsetzung an.

Was bedeutet Lokalisieren und wo liegt der Unterschied zum Übersetzen?

Würde man Lokalisierung und Übersetzung in einem Mengendiagramm darstellen, könnten wir eine große Schnittmenge beobachten. Obwohl die beiden nicht das Gleiche sind, kommt die Lokalisierung fast nie ohne Übersetzung aus. Und auch Übersetzungen erfordern immer einen gewissen Grad an Lokalisierung, damit die eigentliche Aussage erhalten bleibt. Was bedeutet nun Lokalisieren und was Übersetzen?

Die Grenze zwischen diesen beiden Konzepten ist daher verschwommen. Man könnte grob vereinfacht auch sagen, dass sich die Übersetzung allein auf den sprachlichen Teil des Prozesses bezieht. Alle anderen Aspekte, wie zum Beispiel kulturelle Anspielungen, Maßeinheiten, Währungen, regionale Ausdrücke und vieles mehr, fallen unter den Aufgabenbereich der Lokalisierung. Beide Bereiche gehen miteinander einher, um so für das Publikums eines Mediums oder eines Produkts ein möglichst natürliches Spracherlebnis zu schaffen.

Am deutlichsten wird der Unterschied bei Lokalisierungen in ein und derselben Sprache. So können Inhalte zum Beispiel für Deutsch aus Deutschland und aus der Schweiz lokalisiert werden. Während hier nicht wirklich „übersetzt“ werden muss, entscheidet man sich möglicherweise aber trotzdem dafür, den Inhalt anzupassen, und beispielsweise „Morgenessen“ statt „Frühstück“ und „grillieren“ statt „grillen“ zu schreiben, sowie das deutsche „ß“ durch „ss“ zu ersetzen.

In den meisten Fällen gehen Übersetzung und Lokalisierung Hand in Hand, und „Lokalisierung“ als Dienstleistung deckt üblicherweise beide Bereiche ab. Dennoch erfordert die entsprechende Vorbereitung von Inhalten eine gute Kenntnis der Zielgruppe eines Produkts. Diese Vorbereitung gehört oft zu einem Prozess, den man Internationalisierung und Lokalisierung nennt.

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Globalisierung, Lokalisierung und Internationalisierung

Lokalisierung ist ein komplexer Prozess, vor allem für Produkte, die für mehrere unterschiedliche Regionen lokalisiert werden müssen. Die Aufgabe umfasst weit mehr als einfach nur bestimmte Elemente zu ersetzen: Eine Lokalisierung muss auch alle verschiedenen Lesarten der jeweiligen Medien berücksichtigen.

Vielleicht hast du dir Lokalisierung so vorgestellt, dass einfach ein Produkt für einen Markt hergestellt und dann für andere Märkte adaptiert wird; tatsächlich haben Unternehmen jedoch die Erfahrung gemacht, dass dies für die Markteinführung eines Produktes auf mehreren Märkten gleichzeitig nicht das effizienteste Vorgehen ist. Stattdessen wird ein Produkt bereits mit der Idee der „Internationalisierung“ entworfen. Das bedeutet, dass das Produkt an sich schon möglichst allgemein und leicht anzupassen sein sollte. Ein häufig angeführtes Beispiel sind die Aufbauanleitungen von Ikea, die ganz auf Sprache verzichten, sodass jeder Mensch auf der ganzen Welt dieselbe Anleitung nutzen kann, um seine Möbel einfach zusammenzubauen (zumindest in der Theorie). 

Das ist natürlich ein extremes Beispiel. Im Normalfall zielt Internationalisierung darauf ab, früh im Entwicklungsprozess Entscheidungen zu treffen, die eine einfache Lokalisierung erlauben. Dazu gehört zum Beispiel, kulturspezifische Anspielungen zu vermeiden, indem stattdessen die „Standardformen“ der Basissprache verwendet werden und alles so einfach wie möglich gehalten wird, ohne dabei an Ausdrucksschärfe zu verlieren. 

Ist das Produkt dann erst einmal hergestellt, folgt der nächste Schritt, der uns zurück zur Lokalisierung bringt. Lokalisierungsdienste können dieses Basisprodukt als Ausgangspunkt nutzen und es auf die Bedürfnisse der verschiedenen Zielgruppen zuschneiden, was in der Regel sehr viel schneller geht, als ein für einen bestimmten Markt entworfenes Produkt für andere Märkte zu lokalisieren.

Diesen Gesamtprozess nennt man Globalisierung (manche Leute verwenden Globalisierung und Internationalisierung auch synonym) – ein Wort, das gleichzeitig die Umstrukturierung von Weltwirtschaftssystemen beschreibt, um den Austausch von Produkten und Dienstleistungen zwischen verschiedenen Regionen zu erleichtern. Wie der Name schon vermuten lässt, spielen Internationalisierung und Lokalisierung vor allem für multinationale Unternehmen mit internationalen Märkten eine Rolle. Für so etwas wie eine Fernsehsendung wäre eine Internationalisierung hingegen weniger sinnvoll, da es sich hierbei um ein künstlerisches Projekt handelt, das mit einem bestimmten Zielpublikum vor Augen geschaffen wird. In derartigen Fällen wird die Lokalisierung im Nachhinein vorgenommen und kann dabei ganz unterschiedlich aussehen.

Beispiele für Lokalisierungen

Die Globalisierung ist längst zur Norm geworden, und deshalb haben Unternehmen und Kunstschaffende kreative Lösungen entwickelt, um Inhalte nahtlos zu lokalisieren. Auch wenn es Fälle gibt, in denen keine vollständige Lokalisierung nötig ist  – wir erwarten schließlich nicht von jedem Produkt und jedem Kunstwerk, dass es zu einhundert Prozent auf unsere Kultur zugeschnitten ist –, sind Lokalisierungen omnipräsenter als du denkst. Im Guten wie im Schlechten gibt es zahllose Beispiele für Inhalte, die im großen oder kleinen Stil angepasst werden, um eine bestimmte Art von Mensch anzusprechen. Doch was bedeutet Lokalisieren bei Suchmaschinen, Marketing oder sogar, wenn es um Essen geht? Lass uns diese Themen etwas genauer beleuchten.

Deine Suchmaschine

Suchmaschinen sind dafür konstruiert, dir die bestmöglichen Suchergebnisse zu liefern. Dazu gehört auch, dass dein Standort in den Suchalgorithmus miteinfließt. Das kann sich ganz offensichtlich äußern, wenn du zum Beispiel nach „Essen in der Nähe“ suchst und daraufhin basierend auf deinem ungefähren Standort eine Karte mit Restaurants in deiner Nähe angezeigt bekommst. Aber auch wenn du nach etwas suchst, was gar nicht ortsbezogen ist, wie etwa „Führerschein verlängern“, werden die angezeigten Ergebnisse auf deinen ermittelten Standort zugeschnitten. Websites wiederum lokalisieren ihre Seiten, um weiter oben in den Suchergebnissen aufzutauchen, indem sie die Sprache und Schlüsselbegriffe so anpassen, dass sie mehr Menschen erreichen.

Marketing

Marketingprofis verbringen viel Zeit damit, herauszufinden, wie sie am besten verschiedene demografische Gruppen ansprechen können. Das Ergebnis sind Werbekampagnen und Werbeaktionen, die auf bestimmte Regionen zugeschnitten sind. Eine Anzeige in New York City kann zum Beispiel U-Bahn-Pendelnde, Wolkenkratzer, Bodegas (kleine Eckläden) und andere lokale Konzepte erwähnen, die anderswo nicht relevant wären. Unternehmen wollen dadurch den Eindruck erwecken, dass sie die Stadt „verstehen”. Gut umgesetzt kann das ein wirkungsvoller Schachzug sein. Eine schlecht gemachte Anzeige dieser Art kann hingegen schnell zur Zielscheibe von Spott werden. Eine gute Lokalisierung im Marketing setzt voraus, dass man den Charakter einer Stadt kennt und nicht nur mit Klischees um sich wirft.

Untertitelung und Synchronisation

Was bedeutet Lokalisieren im Fernsehen? Die Adaptation einer Fernsehsendung in eine andere Sprache erfordert neben einer Übersetzung auch die Lokalisierung von kulturellen Verweisen. Besonders Comedy kann schwer zu übersetzen sein, vor allem wenn viele landestypische Gags und Insider verwendet werden werden. Die québecer Version der amerikanischen Zeichentrickserie Die Simpsons wurde beispielsweise dafür gelobt, dass sie die amerikanischen Kulturmerkmale durch québecische ersetzt. Dies funktioniert bei Zeichentrickserien oft besonders gut, weil sie in der Regel synchronisiert und nicht untertitelt werden; allerdings wird das gar nicht immer so gern gesehen, weil dadurch die „ursprüngliche Absicht“ eines Werks verloren gehen kann.

Vollständige Neuentwicklung

Eine weitere Möglichkeit zur Lokalisierung eines Podcasts, einer Fernsehsendung oder eines anderen Medienprodukts besteht darin, es von Grund auf neu zu entwickeln. Hollywood hat viele nicht-englische Filme neu verfilmt und dabei neben der Sprache auch die Schauspielenden und mitunter sogar weite Teile der Handlung verändert, um sie an den Geschmack des amerikanischen Publikums anzupassen. Manchmal wird ein Film auch mehrfach neu aufgelegt, wie 2016 der italienische Film Perfetti sconosciuti. Der Film war in Italien ein Hit und wurde in den folgenden Jahren 17 mal neu verfilmt, u. a. auf Griechisch, Spanisch, Französisch, Arabisch, Chinesisch und Vietnamesisch. Er handelt von sieben befreundeten Personen, die einen Abend damit verbringen, die Handys der anderen zu durchsuchen – mit dem Ergebnis, dass sich am Ende des Abends alle in die Haaren kriegen. In einigen Ländern war der Film erfolgreicher als in anderen, aber bei einer solchen Vielzahl an Neuverfilmungen muss er wohl irgendwie den Nerv der Zuschauenden getroffen haben. 

Auch wenn es in diesem Artikel vor allem um die Lokalisierung von Sprache geht, darf nicht vergessen werden, dass nicht nur Wort und Schrift lokalisiert werden. Vom Essen in Fast-Food-Ketten bis hin zu Backend-Programmiersprachen muss alles auf irgendeine Art lokalisiert werden. Während viele befürchten, dass sich die Globalisierung homogenisierend auf die kulturelle Vielfalt auswirkt – Befürchtungen, die durchaus begründet sind –, erinnert uns die Lokalisierung gleichzeitig daran, dass es sich selbst mächtige Konzerne nicht leisten können, die Unterschiede von verschiedenen Gruppen außer Acht zu lassen. Ob in der Sprache oder in anderen Bereichen – wir leben immer noch in einer Welt der Vielfalt und der feinen Zwischentöne, die es zu bewahren gilt.

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