Mein Brief an die polnische Sprache

Was sind die Beweggründe, sich mit der polnischen Sprache zu beschäftigen? Lea reflektiert in ihrem Brief an die polnische Sprache kulturelle, geo-politische und persönliche Perspektiven.
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Liebe polnische Sprache,

oft werde ich gefragt, wieso ich dich spreche oder mich mit dir beschäftige. Selbst deine Muttersprachler sind erstaunt. „Warum?“, höre ich immer wieder. „Englisch ist doch sehr viel verbreiteter. Polnisch sprechen nur so wenige. Was nützt dir das?“. Die Anzahl der Polnisch-Sprechenden beträgt ungefähr 55 Millionen, was neben den schätzungsweise 1, 75 Milliarden Englisch-Sprechenden zugegebenermaßen gering wirkt. Aber ich habe eben dich gewählt, liebe polnische Sprache.

Trotzdem hatte ich zunächst meine Schwierigkeiten mit dir. In der Schule war ich stolz darauf gewesen, mich mit dem zusätzlichen lateinischen Fall, dem Ablativ, wacker geschlagen zu haben. Doch mit dir kam nicht nur ein neuer Fall auf mich zu, sondern ganze drei! Im Polnischen gibt es außer den üblichen Verdächtigen Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ noch folgende Fälle:

  • einen Instrumental, der anzeigt, mit was man etwas macht,
  • einen Lokativ, der verrät, wo man sich befindet,
  • und einen Vokativ, in dem man angesprochen wird.

Auch dein Verbalaspekt, liebe polnische Sprache, macht es mir nicht leicht. Jedes Verb gibt es in zwei Ausführungen: einem vollendeten und einem unvollendeten Aspekt. 

Warum also lerne ich Polnisch?

Natürlich gibt es auf diese Frage einige Antworten, die generell für das Erlernen einer Fremdsprache zutreffen. Ich finde, dass ich dank Polnisch einfach viel besser in die Kultur des Landes eintauchen kann. Mit Polnisch kannst du polnische Filme verstehen und Literatur im Original lesen. Ob das nun „Die Zimtläden“ von Bruno Schulz, „Transatlantik“ von Witold Gombrowicz oder „Die Puppe” von Bolesław Prus ist: Polnische Werke warten darauf gelesen zu werden!

Übrigens: Die Mehrzahl an Büchern, Artikeln oder Internetseiten, die über Polen existieren, ist auch auf Polnisch verfasst. Wenn du dich also beispielsweise für die polnische Arbeiterbewegung und die daraus entstandene Gewerkschaft Solidarność interessierst, sind Polnischkenntnisse von Vorteil. Denn die polnische Sprache hilft dir beim Verstehen der polnischen Kultur. 

Selbstverständlich sprechen viele junge Polen Englisch und Deutsch. Willst du dich aber mit allen Altersgruppen  verständigen können, ist Polnisch nötig. Außer du sprichst Russisch: Im vom Kommunismus geprägten Polen war Russisch bis 1991 noch die Fremdsprache, die man in der Schule lernte. Darum sprechen viele Polen der älteren Generationen diese Sprache – und eben kein Englisch. Mich macht es jedes Mal glücklich, wenn sich meine polnischen Gesprächspartner darüber freuen, dass ich ihre Muttersprache spreche. 

 

Unser Nachbarland Polen

Polen ist eines der Nachbarländer Deutschlands und ich genieße es, dass ich nicht weit fahren muss, um vollkommen von der Sprache umgeben zu sein, die ich lerne. Liebe polnische Sprache, ich lese dich auf jedem Schild, ich übe dich beim Bestellen im Restaurant und orientiere mich mit dir beim Fragen nach dem Weg. Ungefähr drei Stunden brauche ich von Berlin in die größeren Städte Wrocław (Breslau) und Poznań (Posen), von Görlitz aus muss ich nur eine Brücke überqueren und schon bin ich im polnischen Zgorzelec. Weder eine Passkontrolle noch ein Visum ist nötig.

Apropos Nachbarland und Nähe: Kann nicht das Lernen einer Sprache auch einen kleinen Teil zu einem besseren Verhältnis der Länder beitragen und ein Zeichen des gegenseitigen Respekts sein?  

 

Meine persönlichen Gründe, die polnische Sprache weiterhin zu lernen

Im Anschluss an meine Schulzeit absolvierte ich einen Europäischen Freiwilligendienst in Krakau und habe in dieser Zeit einige neue Freunde gewonnen. Und ja, ich glaube, dass auch genau diese persönlichen Beziehungen ein Grund dafür sind, die polnische Sprache (oder überhaupt eine neue Sprache) zu lernen.

Nicht zuletzt wirkt Polnisch bei einem Zungenbrecher-Wettstreit sehr beeindruckend! Welche Chancen hat schon „Fischers Fritz fischt frische Fische“ gegen den im Gras summenden Käfer aus Szczebrzeszyn: „W Szczebrzeszynie chrząszcz brzmi w trzcinie?“

Diese vielen Gründe sind es, die dazu beitragen, dass ich noch immer Polnisch lerne – trotz der vielen grammatischen Fälle und dem Verbalaspekt.
Liebe polnische Sprache, ich bin sehr froh,  dich in meinem Leben zu haben! Und deshalb: Auf viele weitere glückliche Jahre!

Deine Lea

 

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