Die 12 außergewöhnlichsten deutschen Wortkompositionen

Die deutsche Sprache ist bekannt für humorvolle Wortkompositionen. Erfahre mehr über die außergewöhnlichsten Wortzusammensetzungen im Deutschen.
Weltschmerz - Die 12 außergewöhnlichsten deutschen Wortkompositionen

Die deutsche Sprache ist bekannt für ihren Baukastencharakter. Ganz logisch und mechanisch werden einzelne Wörter  miteinander verbunden und ergeben in der Endsumme ein neues Wort. Bei solchen Wortkomposita entstehen nicht nur sinnvolle Zusammenschlüsse aus einzelnen Begriffen, sondern oft auch befremdliche neue Wortzusammensetzungen. Wir haben einige davon noch einmal genauer unter die Lupe genommen.

außergewöhnlichsten deutschen Wortkompositionen

1. Weltschmerz

2020 ist endlich zu Ende. Die Absurdität von kollektiver Angst und Unsicherheit, persönlichen Verlusten und omnipräsenter apokalyptischer Stimmung durch die Corona-Pandemie im letzten Jahr lässt sich in der deutschen Sprache ganz einfach mit der folgenden ersten außergewöhnlichen Wortzusammensetzung auszudrücken: „Weltschmerz”.

Das Gefühl von Weltschmerz bezeichnet einen Schmerz, der über das eigene Leid hinausgeht und sich umfassend im Geschehen der Welt spiegelt. Tatsächlich gehört „Weltschmerz” auch zu den deutschen Wörtern, die genau so auch im Englischen verwendet werden, weil sich ihre einzigartige Bedeutung nicht eins zu eins übersetzen lässt. Mit all den schlechten Nachrichten und Ängsten im Moment können wir nur hoffen, dass das Gefühl von Weltschmerz 2021 verschwinden wird.

2. Sehnsucht 

Was für ein Gefühl ist, es wenn es im Herz brennt und wir uns etwas zurückwünschen, aber gar nicht genau wissen, was es ist, das uns fehlt und uns schmerzt? So ähnlich würden wir wohl das Gefühl der Sehnsucht beschreiben. Schauen wir uns diese Wortkomposition „Sehnsucht“ genauer an, bedeutet es „die Sucht, sich zu sehnen“. Dieser Schmerz taucht besonders in der Epoche der deutschen Romantik auf und beschreibt ein schmerzliches Verlangen, das trotz seiner Intensität unbestimmt und nicht greifbar ist — dafür aber spürbar schwer auf dem Herzen liegt. Visuell eingefangen hat dieses Gefühl (und diese interessante Wortzusammensetzung zugleich) unter anderem der deutsche Maler Caspar David Friedrich, dessen Bilder auch heutzutage wieder beliebt sind.

3. Sandkastenliebe

Nostalgisch, aber dafür weniger schwermütig und düster ist das Wortkompositum „Sandkastenliebe”. Hier erleben wir die deutsche Sprache eher sanft und süß: Die Sandkastenliebe ist die erste Liebe, die im Kindesalter auf dem Spielplatz zwischen Schaukel und Klettergerüst entsteht. Vielleicht steckt auch hier eine typisch deutsche Romantik dahinter, der nostalgische Rückblick auf scheinbar unschuldige Kindertage. Vielleicht ist es aber auch der Wunsch nach einer einfacheren Zeit des Zusammenkommens vor Onlinedating und Social Distancing. 

4. Geschlechtsverkehr 

Aufgepasst — jetzt wird es technisch und mechanisch! Das nächste zusammengesetze Wort ist nämlich ein Synonym für Sex, was im Deutschen auch mit dem Begriff „Geschlechtsverkehr” bezeichnet wird. Wenn wir uns diese außergewöhnliche Wortkomposition einmal bildlich vorstellen, wird es nur noch absurder: Wir sehen eine Ampel an einer Kreuzung, Straßen, Radwege, aber anstatt Autos oder Fahrrädern Geschlechtsteile. Die Geschlechtsteile verkehren miteinander, fahren aneinander vorbei, kommen sich in die Quere, beachten Vorfahrtsregeln (nicht) und hupen vielleicht auch mal laut zwischendurch. Nicht sehr sexy. Aber dafür sehr mechanisch.

Sexyness ist im Deutschen eher rar gesät gegenüber der Vielzahl an nüchtern-technischen Wörtern. Tatsächlich kommt die Verbindung von Geschlechtsverkehr zum Verkehr aus dem Lateinischen. Der Geschlechtsakt wird von actus abgeleitet, was mit Bewegung zu übersetzen ist. Manchmal wird Sex auch „Koitus” genannt, was soviel wie Zusammenkommen bedeutet. Die Idee des Zusammentreffens ist natürlich nicht ganz abwegig, wenn es um Sex geht, wobei sie uns gleichzeitig eine sehr eindimensionale, heteronormative Vorstellung von Sex spiegelt. Geschlechtsteile müssen nicht unbedingt aufeinanderstoßen, um Sex zu haben, können sie aber natürlich — ganz frei nach Belieben.

Mürrischer Welpe eingewickelt in kuschelige Decken

5. Schlaftrunken

Nicht nur Alkohol macht im Deutschen betrunken, sondern auch der Schlaf. Zumindest in der Sprache. Wer kennt nicht die träge Müdigkeit an dunklen Wintertagen, die uns im warmen, gemütlichen Bett zu halten versucht? Wenn wir einfach nur weiterschlafen wollen anstatt unseren Pflichten nachzugehen? Noch ganz benommen und unheimlich müde befinden wir uns dann im „schlaftrunkenen” Zustand. Genauer gesagt beschreibt diese besondere Wortkomposition den dösigen Schwebezustand zwischen Schlaf, Traum und dem bevorstehenden Tag. Ähnlich wie das Gefühl, wenn wir betrunken sind, entzieht uns das Schlaftrunken-Sein jeglicher Orientierung und Zeitgefühl. Auch wenn es nur ein paar Sekunden sind, bis wir wach sind, fühlen sich diese wie eine halbe Ewigkeit an.

6. Trauerfeier

Gefeiert wird generell zu Festen, an Feiertagen, in Clubs, auf Festivals, zu Geburtstagen oder zum Feierabend nach einem langen Arbeitstag. Alles eigentlich erfreuliche Anlässe, die vor Corona mit Sekt, Tanz, Kaffee und Kuchen bei einem feucht-fröhlichem Zusammenkommen genossen wurden. Doch auch die Trauer wird in der deutschen Sprache gefeiert. Zumindest wortwörtlich. „Trauerfeier“ bedeutet übersetzt eine Feier zum Anlass von Trauer. In Wirklichkeit kommen bei der Trauerfeier Angehörige der verstorbenen Person zusammen und gedenken dieser gemeinsam. Spaß macht das Ganze üblicherweise nicht. Doch wer weiß? Eventuell können auch lustige Anekdoten über die verstorbene Person eine Trauerfeier auflockern, zwischendrin etwas Trost spenden und der Zusammenkunft einen feierlichen Charakter geben.

Kaffee und Kuchen stehen auf dem Tisch (Leichenschmaus) - außergewöhnlichsten deutschen Wortkompositionen

7. Leichenschmaus 

Nach der Trauerfeier geht es meistens direkt zum Leichenschmaus. Ja, richtig gelesen … „Leichenschmaus”. Schmaus ist ein verniedlichendes Synonym für Essen. Und die Leiche ist ein toter Körper. 

Die Wortkomposition „Leichenschmaus” ist wohl die absurdeste der deutschen Sprache überhaupt! Das Trauern um Verstorbene ist schon schmerzhaft genug. Die Idee, mit einem toten Körper konfrontiert zu sein, schreckt die meisten von uns ab. 

Mit „Leichenschmaus” ist dagegen einfach nur das Treffen zu Kaffee und Kuchen im Anschluss an die  Beerdigung gemeint. Andere deutsche lokale Bezeichnungen nennen dieses Ritual auch „Leidessen” oder „Tränenbrot” — beides Wortzusammensetzungen mit etwas mehr Gefühl und Poesie, wohingegen „Leichenschmaus“ doch eher makaber klingt. Nicht selten ergeben sich hier besonders für nicht-deutsche Muttersprachler*innen abschreckende und missverständliche Assoziationen.

8. Schadenfreude

Weiter geht es in der Kategorie „makaber“: „Schadenfreude“ ist eines der deutschen Wörter, die sich als populärer Export insbesondere im westlichen englischsprachigen Raum großer Beliebtheit erfreut. 

„Die Freude am Schaden“ bezeichnet nämlich genau das, was die Idee der Wortzusammensetzung hervorruft: Spüre Freude am Unglück und Pech von Menschen, die du nicht magst — oder einfach Freude am Leid anderer. Eine durchaus böse Wortzusammensetzung, aber  vielleicht gerade deswegen manchmal doch zum Lachen?!

Gelber Briefkasten mit grünen Büschen dahinter

9. Briefschmerz 

Wie nennen wir das Gefühl, wenn ein Amt oder eine Behörde Briefe schreibt und unser Magen sich ganz plötzlich umdreht? Das Urban Dictionary beschreibt „Briefschmerz” als Angstzustand, der durch bürokratische Mahnungen und Briefe ausgelöst wird. Der Ursprung der noch sehr neuen Wortschöpfung verweist auf den Instagram-Account @berlinauslandermemes, der uns täglich mit spezifisch Berliner Absurditäten für Deutschlernende füttert. Eine Wortschöpfung, die vielleicht nicht original aus dem Deutschen kommt, aber ganz genau dessen Tiefe und dem mechanischen Charakter der Wortzusammensetzung entspricht — und dazu noch nebenbei die Tiefen der deutschen bürokratischen Hölle einfängt. 

10. Schnapsidee

Um den „Briefschmerz” zu erleichtern, kann manchmal Schnaps helfen. Wer es hier aber an Menge und Maß übertreibt, läuft Gefahr, auf eine sogenannte „Schnapsidee” zu kommen. Das humorvolle Wortkompositum „Schnapsidee” steht synonym für eine dumme und wahnwitzige Idee. Im nüchternen Zustand würde man es wohl als bloßen Leichtsinn beschreiben. Aber mal ganz ehrlich: Die meisten von uns brauchen keinen Schnaps, um auf Schnapsideen zu kommen …

kleines Mädchen schließt die Augen vor Scham - außergewöhnlichsten deutschen Wortkompositionen

11. Fremdschämen

Ist die „Schnapsidee” erst einmal aufgeflogen, folgt oft das „Fremdschämen”: Fremdscham meint dagegen nicht die Scham über die eigene Dummheit oder über eine Peinlichkeit. Stattdessen ist es das spezifische Gefühl von Scham über das Verhalten anderer Personen. Die dabei aber selbst gar nicht merken, wie peinlich ihr Verhalten oder ihre Taten eigentlich sind.

12. Kopfkino 

Deutsche Wortkompositionen, die wie einzelne Bausteine zusammengesetzt werden, sind meistens sehr komisch. Doch trotz all der Mechanik stecken zwischen den Bausteinen oft tiefe Bedeutungen und bildliche Vorstellungen: Das „Kopfkino” ist auch so eine Wortneubildung. Wenn wir von „Kopfkino” sprechen, meinen wir das Tagträumen, das — ähnlich wie im Kinofilm — im eigenen Kopf abläuft und kleine Ausflüchte aus dem Alltag bietet. Vielleicht also genau das, was uns in diesem neuen Jahr ein bisschen Trost und Hoffnung bringen kann. 

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